Pflegekurse im Katholischen Karl-Leisner-Klinikum
Wenn Angehörige zu Pflegern werden

Ein besonderes Angebot des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums richtet sich an Menschen, die ihre erkrankten Familienmitglieder zu Hause betreuen – eine von der Pflegekasse bezahlte Leistung.

Den richtigen Kniff raushaben spart nicht nur Kraft, sondern schont auch den Rücken.

Allein aus dem Bett aufstehen, das ist so alltäglich, dass einem nicht mehr bewusst ist, wann und wie man die Beine anwinkelt, sich dreht, den Oberkörper aufrichtet und schließlich steht. Oder aber: Aus dem Bett aufstehen ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Vier Frauen haben sich im Marienhospital in Kevelaer eingefunden, sie stehen im Physiotherapieraum um ein Pflegebett und unter Anleitung der beiden Pflegetrainerinnen Viviane Bühne und Annegret Janhsen lernen sie, wie eine so alltägliche Bewegung bewältigt werden kann, wenn der Mensch, der im Pflegebett liegt, dazu nicht mehr in der Lage ist.

Das Katholische Karl-Leisner-Klinikum unterstützt Patienten und ihre Angehörigen: Kostenlose Pflegekurse – am Krankenbett oder als Gruppenkurs – helfen beim Umgang mit der neuen Lebenssituation. Ein Pflegekurs ist sogar bis zu sechs Wochen nach einem Krankenhausaufenthalt möglich. Die Situationen, in denen das Angebot greift, sind häufig das, was im privaten Gespräch als „Schicksalsschlag“ bezeichnet wird.

Ein Mitglied der Familie, eben noch gesund und mitten im Leben stehend, erleidet einen medizinischen Notfall, wird im Krankenhaus behandelt, dann möglicherweise noch in einer Rehabilitationsmaßnahme betreut – und schließlich nach Hause entlassen. Allerdings als ein Mensch, der zu den Verrichtungen des täglichen Lebens nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr in der Lage ist.

Anspruchsvolle Aufgaben

Die Herausforderungen sind so vielfältig wie die zuvor behandelten Krankheiten. Schon eine Blinddarmoperation, von der ein junger Mensch sich vergleichsweise schnell erholt, kann für einen betagten, möglicherweise auch an weiteren Krankheiten leidenden Patienten eine Behandlung sein, die einen erhöhten Pflegebedarf nach sich zieht. Schwere Erkrankungen wie beispielsweise ein Schlaganfall oder Operationen, in deren Folge die Mobilität stark beeinträchtigt ist, stellen dann nicht nur den Patienten, sondern auch das Umfeld vor große Herausforderungen.

Barrierefreiheit ist entscheidend

In der persönlichen Pflegeberatung kommt den Hausbesuchen eine wichtige Rolle zu. Nur vor Ort kann geklärt werden, wie eine Wohnung möglichst barrierefrei gestaltet werden kann. Wo sind Rampen zu errichten, wo Haltegriffe anzubringen, wo Treppenlifte einzubauen und wo Einstiegsschwellen zu beseitigen?

Die Teilnehmer im Physiotherapieraum schildern zu Beginn, wie die Herausforderungen des Alltags konkret aussehen. Berichtet wird von Krebserkrankungen, Schlaganfällen, Parkinson, Demenz oder Kombinationen daraus. Und immer sind es die ganz normalen Verrichtungen, die den betreuenden Menschen Sorgen bereiten: Wie steht man auf? Wie zieht man einen Pullover an? Wie reiche ich Nahrung an?

Angehörige lernen mehr als nur Pflegetechniken

„Unser Konzept ist es, dazu anzuleiten, dass der Patient so viel wie möglich selbst macht, selbst wenn das lange dauert“, sagt Annegret Janhsen. Die Teilnehmer lernen im Pflegekurs beispielsweise, den bettlägerigen Patienten durch Drehung des Körpers und bestimmte Handgriffe so zu steuern, dass dieser gewissermaßen mithilft, in die Vertikale zu kommen. Die Kurse dienen aber nicht nur der Vermittlung von Pflegetechniken. „Wir helfen bei allen Fragen, die die Pflege betreffen“, so Annegret Janhsen. „Wir trainieren und unterrichten Angehörige zu allen wichtigen Anforderungen der täglichen Versorgung: Lagerung, Körperpflege, Umgang mit Medikamenten, Ausscheiden sowie Essen und Trinken.“

Wichtig ist der Kursleiterin auch, dass die Teilnehmer nicht gezwungen werden, persönliche Hemmschwellen zu überwinden. Ein heikles Thema, denn in der Pflege geht es auch um Schamgrenzen. „Es ist nicht meine Aufgabe, Menschen zu irgendwas zu überreden“, sagt Janhsen. Gefühle wie Scham und Ekel müsse man akzeptieren. Sie beobachtet die gesellschaftliche Entwicklung, dass die sogenannte Grundpflege (Körperpflege) von professionellen Pflegediensten übernommen wird, während die übrige Betreuung eigenständig geleistet wird.

Erleichterungen im komplizierten Alltag

Nach ihrer Motivation befragt, sagen die Kursteilnehmer übereinstimmend, dass sie „ein paar Kniffe“ lernen möchten, die ihnen den Alltag erleichtern. Von solchen Kniffen erfahren sie in der Runde reichlich. Und noch etwas vermittelt das Treffen an diesem Nachmittag in Kevelaer – dass sie mit ihren Sorgen und Nöten nicht allein sind.