Ambulanter Hospizdienst Donsbrüggen
Sterbebegleitung ist Lebensbegleitung

Immer wieder müssen wir aufbrechen, müssen Abschied nehmen von Vertrautem, von Gewohnheiten, müssen einen Neuanfang wagen und uns aus unserer Komfortzone herausbewegen. Immer wieder gibt es um uns herum Veränderungen. Es wird der Tag zur Nacht, es gibt Licht und Schatten, Ebbe und Flut, wir atmen ein und aus, es gibt die wechselnden Jahreszeiten, Freude und Traurigkeit, Leben und Tod. Alles ist im Wandel.

Sterben und Tod passen allerdings häufig nicht in unsere Lebensplanung. Wir halten uns für unbesiegbar, unantastbar, unverwundbar. Den Tod verbannen wir sehr gerne aus unserem Leben. Mit der Frage: „Wie will ich sterben?“ will sich kaum jemand auseinandersetzen, oder? Manchmal eben doch!

Immer wieder machen sich Menschen auf den Weg, sich dem Thema Sterben und Tod zu nähern. Sie nehmen an einem Ausbildungskurs für ehrenamtliche Sterbebegleitung teil. Dieser Kurs wird in der Regel einmal im Jahr von unserem ambulanten Hospizdienst Donsbrüggen angeboten. Inhaltlich werden viele Bereiche angesprochen: Umgang mit der eigenen Sterblichkeit, Geschichte der Hospizbewegung, Wahrnehmung, Kommunikation, der Sterbeprozess, Krankheitsverarbeitung, Bedürfnisse Sterbender und ihrer Zugehörigen, Krisenintervention, Spiritualität, Humor, Kraftquellen, Demenz, Trauerverarbeitung, praktische Hilfestellungen am Bett und immer wieder der Austausch untereinander.

Herz und Verstand in Einklang bringen

Seit 2004 waren es bisher 196 mutige Menschen, die sich aufgemacht haben. Einer von ihnen ist Klaus. Er hatte lange gehadert, mit sich gerungen. Er hatte „schlimme Vorstellungen von dem, was da am Sterbebett passieren würde“, hatte Ängste, Bedenken, dass er das „nicht hinkriegt“. Dann, eines Tages und nach viel Überzeugungskraft von uns, hat er sich auf den Weg gemacht, weil es ihm ein Herzenswunsch war. Herz und Verstand in Einklang zu bringen, braucht manchmal viel Zeit und Mut. Klaus meldete sich für den Ausbildungskurs an und von Abend zu Abend hatte er immer mehr Freude daran, er baute Ängste ab, sein Zutrauen wuchs. Im Kurs gab es viele Möglichkeiten des Austausches und der Auseinandersetzung. Jetzt ist Klaus einer dieser 196 Mutigen und ist stolz auf sich und seine Entwicklung.

Nach der Ausbildung ist der erste Schritt getan, theoretisch sind die Grundlagen gelegt, geben Sicherheit. Trotzdem bleibt natürlich eine gewisse Nervosität vor dem ersten Begleitungseinsatz. Gemeinsam mit der Koordinationskraft wird Klaus in der anfragenden Familie vorgestellt. Dabei achten wir Koordinatorinnen natürlich darauf, dass beide Seiten zueinander „passen“, die „Chemie stimmt“. Nach den ersten vorsichtigen Wortwechseln ist das Eis bereits gebrochen und Klaus wird seinen ersten, vorher mit der Familie besprochenen 3-stündigen Begleitungseinsatz, absolvieren. Anschließend wird noch eine Kollegin von ihm solange bleiben, bis die Ehefrau zurückkommt. Sie war nun seit langem einmal wieder in der Lage, ihre kranke Mutter in einem Pflegeheim in Essen zu besuchen.

Natürlich begleiten wir nicht nur in privaten Haushalten, sondern auch in Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen, Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung und manchmal sogar auf dem Campingplatz- eben da, wo die Menschen gerade zu Hause sind. Die Einsatzzeiten sind sehr unterschiedlich, je nach Bedarfslage in den Familien.

Manchmal ist es ein Friseurbesuch
Manchmal ist es ein Friseurbesuch des Zugehörigen oder ein Einkauf ganz in Ruhe, manchmal ist es der Samstag in der Sauna einmal im Monat, bei dem dann mehrere Ehrenamtliche eingesetzt werden, die sich abwechseln oder auch schon einmal eine Nachtbegleitung, um den erschöpften Zugehörigen zu einer ruhigen Nacht zu verhelfen. In den Begleitungen stehen dann die Bedürfnisse des Sterbenden Menschen im Vordergrund. Manchmal wird Nähe gebraucht, menschliche Zuwendung, Trost, manchmal ist auch Distanz gewünscht und es geht um „einfach da sein- für den Fall, dass etwas gebraucht wird“ in der Abwesenheit des Zugehörigen.

Sterbebegleitung ist mehr als nur das Warten auf den Tod, sie ist Lebensbegleitung - eine intensive Zeit menschlicher Begegnungen für beide Seiten.

Um noch einmal auf Klaus zurückzukommen, der irgendwann beschloss: „Jetzt endlich tue ich es“ und sich anmeldete für den Ausbildungskurs: es gibt ein wunderbares Lied von Hermann van Veen. Es heißt „Tu es jetzt!“ Wenn Sie Zeit haben, hören sie sich das doch einmal an. In diesem Sinne – seien Sie mutig! Brechen Sie auf, ganz gleich, was gerade in Ihnen schlummert.

Herzliche Grüße
Dorothee Beutler, Hospizkoordinatorin